Citta - Geist, Gedanken🔮
Der Geist ist ein Instrument mit dem wir denken und fühlen und wird im Yoga als citta bezeichnet. Es umfasst den Verstand, unsere bewussten und unbewussten Gedanken und Gefühle, sowie alle seelischen Vorgänge oder Abläufe die innerlich stattfinden. Sriram umschreibt citta als das meinende Selbst. Er ist jener Geist, der vorgibt zu sehen und zu erkennen, es aber in Wirklichkeit nicht tut. Er produziert relative Wahrheiten und versucht eine überdimensionale Rolle in unserem Bewusstsein einzunehmen.
Citta hat keinen bestimmten Ort, auch keine Form, er ist überall. Er ist das geistige Gebäude, bestehend aus Eindrücken, Erinnerungen, Meinungen, Träumen, Illusionen und Konditionierungen. Die meisten Rückschlüsse im Leben stammen leider aus diesem Teil unseres Wesens, da wir oft im Alltagsgeist zerstreut und gebunden sind.
Wenn wir die Bewegungen des Geistes, die Gedankenwellen zur Ruhe bringen, können wir schrittweise, den zerstreuten und gebundenen Geist klären, den Zustand von Yoga erfahren und klarsehen.👀💡 Wir treffen dann Entscheidungen, die nicht mehr aus den Triebstrukturen unseres Geistes resultieren. Wir werden mehr und mehr freier und blicken aus einer klaren Brille heraus, weil keine getrübte Wahrnehmung mehr vorherrscht. Die Qualität der Wahrnehmung entscheidet über die Qualität der Welt
Die absolute, innere Freiheit 🌞
Yoga Sūtra 4.34 🙏
„So sind im Zustand der inneren Freiheit, die menschlichen Ziele verwirklicht und die Bewegtheit der Grundeigenschaften (guņas) ist abgedämpft. Die innere Form leuchtet hervor – das Licht des Erkenners, des sehenden Selbst hat sich durchgesetzt.“
Kaivalya bedeutet die endgültige Befreiung, den Zustand der Erlösung, aber auch das Alleinsein oder die Abgeschiedenheit. Mokṣa meint ebenso Befreiung - gemeint ist jedoch die Freiheit von Saṃsāra, dem Kreislauf der Wiedergeburten.
Innere Freiheit bedeutet sich mit all seinen Facetten anzunehmen, zu erkennen, zu leben und zu lieben. Sich jederzeit der Struktur seines Geistes gewahr zu sein und keine Irrfahrten mehr zuzulassen. Man erkennt, wenn der Geist einen irreführen will und kann dagegen ansteuern. Man ist frei! Auch von Anhaftungen. Veränderungen stiften keine Verwirrung mehr. Man fühlt sich nicht ausgeliefert und ist nicht im Opferdenken verhaftet, sondern ist immer verbunden, präsent, agiert eigenständig, klar und in liebevoller Weise, immer im Hinblick auf das Große und Ganze – Īśvara praņidhāna. Man ist nie getrennt, sondern jederzeit verbunden und wird getragen von der großen Urkraft śraddhā – das unerschütterliche Vertrauen.
Der Prozess der Veränderung verlangt von uns drei Qualitäten beim Üben. Leidenschaft (tapas) - Selbstreflexion (svādyāya) - und Hingabe an „eine höhere Kraft“ (Īśvara praņidhāna).
Tantrismus📿
Verbinde die Zwei zu einer Einheit. Śiva und śakti zu einem göttlichen Paar. 🌈
Śiva, symbolisiert das Männliche Prinzip, die Sonne, Transzendenz. Śakti symbolisiert das Weibliche Prinzip, den Mond; die Sonnenstrahlen, die Schöpfungsenergie. Śiva kann sich nicht ohne śakti entfalten und śakti nicht ohne śiva, sie bedingen sich gegenseitig. Sie sind nie getrennt und sind wie zwei Seiten einer Medaille, das Eine ist immer im Anderen enthalten.
Tantra ist eine philosophische, yogische Strömung und entstand ca. 500 n.Chr. Tantra meint die Vereinigung von „zwei“ zu einem Ganzen. Tantra befasst sich mit dem Bewusstsein. Es gibt keine Trennung zwischen Licht und Finsternis. Alles ist Eins oder anders gesagt; es gibt nur diese eine gewaltige Nabelschnur, die alles mit dem höchsten Bewusstsein verbindet, oder es existiert nur das „eine große Licht“ – prakāśa – das, was immer scheint.
Ein Yogi sieht das Leben und all das was darin enthalten ist, als ein Spiel des Bewusstseins. Für Tantriker ist das Leben eine Reise.
Der Tantrismus interessierte sich für die Selbstverwirklichung des Menschen und entwickelte den Weg des Handelns und löste sich vom damaligen Weg der Askese und sah die Erfahrung als Kern des Übungswegs. Der Körper wurde als Tempel angesehen, als Ort für spirituelle Erfahrungen. Tantra war eine radikale Hinwendung zur Welt und war eine Option sich mit seinen Schattenseiten der Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Der Mensch versuchte sich immer mehr zu erkennen, um dann auf einem höheren Niveau zu transformieren. Der Körper, die Sinne, die Handlungsorgane, die Elemente und der Alltag wurden im Tantrismus als wichtig angesehen.
Es ist ein praktischer Weg und man kann ihn besonders im Alltag leben. Es geht um die Entwicklung von Achtsamkeit im Hier und Jetzt. Das Ziel ist die Erweiterung des Bewusstseins, die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und das Erwachen der Energie.
Ich beziehe mich in meinem Unterricht auf die tantrischen Lehrtexte des Kaschmirischen Śivaismus, das Śiva Sūtra – Der Yoga des höchsten Bewusstseins. Es beschreibt die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, um das Absolute zu verwirklichen und uns mit ihm zu vereinigen. Grundlage, um sich mit dem Śiva Sūtra auseinander zusetzten, ist das Basiswissen des Yoga Sūtra bzw. das eigene Bewusstsein über die Geistesstruktur. Es baut auf dem Yoga Sūtra auf.
Es gibt verschiedene tantrische Riten, Methoden die ich dann bewusst im Yogaunterricht einsetzte.
Yoga als Sādhana - Lebensweg 🌙
Das Leben ist ein ständiger Entwicklungsprozess und das Yogalernen ist ein ganzheitlicher Prozess, der Zeit, Geduld und Selbstreflexion von uns abverlangt. Ausdauer, Vertrauen und Disziplin.
Veränderung geschieht nicht unmittelbar und ohne unser Zutun. Wir sind dabei immer aktiv gefordert und sollten uns kontinuierlich reflektieren und uns die Dinge anschauen, wie sie wirklich sind und nicht so hinnehmen, wie sie uns im Geist erscheinen.
Yoga findet nicht nur für 30 Minuten auf der Matte statt, sondern 24 Stunden am Tag und besonders auch im Alltag. Die Aufgabe des Yoga ist dann erfüllt, wenn wir erkennen, dass Yoga ein Lebensweg ist, was man in Sanskrit als „sādhana“ beschreibt. Wir sind auch aufgefordert, an unseren alten Mustern und Konditionierungen zu arbeiten. Wir können daran wachsen und uns selbst immer mehr erkennen. Yoga als "sādhanā" bedeutet, das ganze Leben wird zum Übungsfeld. Wir leben Yoga in der Welt, in unserem Alltag, sowie in jeder Handlung. 🙏 Practise!